20. Jubiläumskongress des MVZI: Intuition, Präzision, Faszination 20. Jubiläumskongress des MVZI: Intuition, Präzision, Faszination

 

Eröffnete den 20. Jubiläums-Kongress des MVZI und damit eine spannende und durchaus auch kritische Debatte zu aktuellen Entwicklungen in der Implantologie: Dr. Thomas Barth, Präsident des MVZI

Foto: MVZI/Sachs-realdesign

Dabei haben später Gekommene durchaus etwas verpasst: Der Einstieg in das Thema „Einzelzahnersatz" mit den drei Aspekten Intuition, Präzision und Faszination war nachhaltig eindrucksvoll, weil: durchaus ungewöhnlich. Ganz bewusst hatte der Vorstand des MVZI um Präsident Dr. Thomas Barth einen kleinen Umweg in das Thema gewählt: Anhand von Beispielen aus anderen Branchen wurde ein Gefühl für Präzision und Faszination gelegt, das auch in die nachfolgenden zahnmedizinischen Fachvorträge nachwirkte. In Erinnerung an Präzision und Unmengen an Einzelteilen, die ein Motor (Vortrag von Natanael Sijanta/Mercedes) oder eine Uhr (Vortrag von Gisbert Brunner, Uhrenfachjournalist) benötigen und die alle fehlerfrei zusammenarbeiten müssen, faszinierte die Leistung bei der Implantatentwicklung noch mehr. Jean-Marie Wyss/Camlog zeigte, dass ebenso wie bei Motor und Uhr auch in der Herstellung eines Implantates und seiner Zusatzteile eine enorme Präzision erforderlich ist.  Der Unterschied: „Die Uhr ist ein nettes Beiwerk, aber ein Implantat wird in einen Menschen implantiert. Das muss jedem im Prozess klar sein!" Sein Tipp: „Wenn man Präzision und Faszination erreichen will, muss man die Leute inspirieren, ihnen Sicherheit geben, sie immer wieder neu motivieren und daran erinnern: Ein Implantat – das verändert den Menschen."

 

Fachprogramm: Faszination Knochen – und die Präzision hinter der Ästhetik

Beinahe das „Who is who der modernen Implantologie" zeigte das wissenschaftliche Programm. Eine hochrangige Referentenliste und spannende Themen, die Entscheidungshilfen bei Alltags-Fragestellungen in der implantologischen Praxis übermittelten, zeigten, wie sich die Implantologie heute weiterentwickelt hat, wie viel Präzision bei Technik und Medizin mittlerweile vorhanden ist – und wo es gilt, kritisch innezuhalten. Ein Beispiel lieferte Prof. Dr. Dr. Wilfried Wagner/Mainz: „Heute herrscht ein aggressiver Ton vor. Alles muss ‚sofort' sein: Implantation. Augmentation. Versorgung." Insbesondere Folgen fehlpositionierter Implantate führten zu Misserfolgen. Das untermauerte auch Dr. Gerhard Iglhaut/Memmingen, der seinen eigenen Entwicklungsprozeß („my way") anhand von Lehrmeistern und eigenen Erfahrungen darstellte und zum Stichwort Weichgewebe und Augmentation berichtete: „Ich bin aus der aggressiven Phase in die konservative gegangen." Minimalinvasives Vorgehen einerseits und die Schaffung von ausreichend Gewebe andererseits sowie ausreichend Zeit für die Einheilung seien für ihn die Erfolgsfaktoren: „Und nur an diesen werde ich gemessen."

 

Studie: Überlebensanalyse von Implantat-Versorgungen

Die Vorträge blickten immer wieder auch auf den Patienten und die mit der Demografie wachsenden Herausforderungen für die Implantologie, u.a. wurde deutlich (Prof. Dr. Thomas Weischer/Essen): „Wir werden zunehmend Patienten behandeln, die nicht ganz gesund sind! Eine individuelle Implantatplanung und ausführliche Aufklärung sind zwingend." Wissen um die Wirkung von Medikamenten auf den Knochenstoffwechsel sei ebenso unumgänglich wie die exakte Anamnese. Spannend die Ergebnisse einer Studie (Auswertung von rund 10.000 Implantationen in drei Praxen) zur Überlebensanalyse von „Zahn, kein Zahn, Kunstzahn", die Dr. Wolfram Knöfler/Leipzig vorstellte. Einzelzahnersatz auf Implantat, insbesondere in der Front und hier wiederum im Oberkiefer, stehe unangefochten auf Rang 1 in der Erfolgsstatistik. Überraschend sei, dass es beim Ersatz eines Eckzahnes so gut wie keine Verluste gegeben habe, auch seien die Mißerfolge bei Implantaten mit Augmentation geringer als ohne. Die Bilanz zu Periimplantitis: „Die paar Fälle, die bei uns nach 20 Jahren in drei Praxen vorkamen, waren einfach zu wenig um sagen zu können: Ich habe Erfahrung in diesem Bereich."

 

„Früher musste man Anwenderkurse besuchen..."

Wieviel Präzision hinter Funktion und Ästhetik steht und wo es noch Nachholbedarf gibt, stand im 2. Teil der Tagung im Fokus. Prof. Dr. Katja Nelson/Freiburg beispielsweise verwies auf nach wie vor nicht gelöste Spalt-Probleme zwischen Implantat und Abutment – und die negativen Folgen der ausgeweiteten Implantat-Märkte: „Früher musste man Anwenderkurse besuchen, ehe man ein Produkt bestellen konnte..." Auch sie untermauerte die Bedeutung der präzisen Positionierung. Dass es für die Zahnärzte eher um ‚Genauigkeit' gehe, machte PD Dr. Florian Beuer deutlich: „Präzision ist, vieles identisch und gleich herzustellen. Für uns in der Praxis ist mit Blick auf den Patienten Genauigkeit noch wichtiger." Implantate brauchten mehr Genauigkeit als natürliche Pfeiler, da sie weniger Beweglichkeit aufwiesen. Seine Bilanz: Je weniger Schritte im Workflow, desto niedriger mögliche Ungenauigkeiten. Weitere Vorträge fokussierten auf die Anforderungen, die Knochen, Weichgewebe und Techniken bei ästhetischen Lösungen spielen. Freie Vorträge ergänzten das Programm.

 

Interaktion – und spannende Bilanz

Der Abschluss am Samstag stand ganz im Fokus des Einzelzahn-Implantates – und der Interaktion. MVZI-Mitglieder (PD Dr. Fröhlich, Dr. Böttcher und Stefan Ulrici) stellten drei unterschiedlich umfangreiche Fälle vor und luden das Auditorium zur Mitarbeit bei der Lösung ein. Dass manchmal mehrere Wege zum Ziel führen, wurde deutlich, denn nicht immer waren die Ansätze seitens der Referenten und derjenigen des Auditoriums kongruent, was zu einer spannenden Debatte über Standards in der Implantattherapie führte.

 

Vom Kongress eindrucksvoll in Erinnerung bleiben wird: „Die Technik bietet Erweiterungsmöglichkeiten – aber bei zu hoher ‚Technikgläubigkeit' verliert man leicht das menschliche Gefühl", schildert MVZI-Pressesprecher Dr. Uwe Woytinas die Eindrücke bei Gesprächen am Rande des Kongresses. Das unterstrich auch DGI-Ehrenmitlgied Prof. Dr. H.-Ludwig Graf in der Diskussion: „Implantate werden immer noch analog gesetzt. Berufliches Unvermögen durch Technikinvestitionen zu kompensieren ist gefährlich und falsch!" Moderator Dr. Hans-Jürgen Hartmann/Ingolstadt brachte es auf den Punkt: „Gute qualifizierte Teams aus Implantologe und zahnmedizinischen Fachangestellten sind der eigentliche ‚Goldstandard' unseres Tuns!"

 

Zu den Besonderheiten der MVZI-Kongresse gehört das persönlich gestaltete Rahmenprogramm, so auch bei dieser Tagung, die eröffnet wurde mit einem Konzert eines jugendlichen Flötenensembles. Gefeiert wurde mit einer Band und Songs aus den 60ern – plus „der ersten universellen subperiostalen Chart-Show ‚Deutschland sucht den Dübelstar'" und einer Chill-Out-Party im abendlichen Leipziger Zoo.

 

Nach dem Kongress ist vor dem Kongress: Der MVZI wird sein 21. Sommersymposium am 13. Und 14. Juni 2014 im Kaisersaal in der thüringischen Landeshauptstadt Erfurt abhalten. Thema:

„Bei Risiken und Komplikationen…!" – Diskutieren Sie Fakten, Analysen, Lösungsansätze

Infos ab sofort unter: https://www.archiv.dginet.de/web/dgi/landesverbande/mvzi